Aktionskunst: Deutsch-Deutsches Sofa


Lenindenkmal in Berlin, 20. Oktober 1991

Lenindenkmal
Berlin
20. Oktober 1991

Es stehen etliche Touristen hier um Lenins kolossale Statue, um fotografiert zu werden oder um zu fotografieren. ”Bitte, fotografieren Sie uns”, sagt ein Mann mittleren Alters und drückt mir eine Pocket in die Hand. Dann stellt er sich mit seinen beiden Söhnen hinter das Sofa und der Lenin glänzt unter der plötzlich heraustretenden Sonne wie eine Fata Morgana. Als wir die Couch aus dem Bus die Treppen zum Denkmal hochschleppen, lacht eine Frau ziemlich heftig. Doch als wir die Flaggen darüberlegen, ist plötzlich Stille. Die Fotografen kapieren schnell und die Auslöser klicken. Das deutsche Sofa wirkt hier besonders theatralisch, die Fahnen liegen schwer auf dem regennassen Fliesenboden. Abgesang auf einen zu Stein erstarrten Revolutionär und Denker, einst heißgeliebt und heute verachtet.
Die Monumente der berühmten Sozialisten stehen auf wackeligen Sockeln und man weiß nie, wann das nächste Denkmal stürzt. Wahrscheinlich wird auch dieser Lenin bald fallen, man hört es und man spürt es auch, seine Zeit ist hier vorüber.


Info:
Am Leninplatz entstand ein dreifach gestuftes Wohnhochhaus, die architektonische Kulisse für das große Lenindenkmal (1970, N. W. Tomski).