Aktionskunst: Deutsch-Deutsches Sofa


Brandenburger Tor in Berlin, 20. Oktober 1991

Brandenburger Tor
Berlin
20. Oktober 1991

Diesmal reicht es nicht das Sofa nur mal schnell aus dem Bus zu schleppen und die Flaggen darüber zu legen. Wolfgang schnürt das Möbel auf die Sackkarre und so fahren wir es gen Brandenburger Tor über den großen Parkplatz. Manche Leute schauen, ihre Augen scheinen zu sprechen: Nanu, ein Sofa hier! Ein Mann ruft uns im schönsten berlinerisch hinterher:
„Ick hab och noch so'n olles Sofa Zuhause.”
„Aber nicht so eines”, lache ich zurück.
Na klar, nicht so eines. Denn, eins, zwei, drei, kaum haben wir es vor das deutsch-deutscheste aller Monumente gestellt, werfe ich die Flaggen drauf, die im Herbstwind verwehen wie die dahineilende Zeit. Und schon klicken die Kameras.
„Schnell, schnell, Kurt, denn so ein Foto gibts wohl nicht mehr so bald wieder.”
Jetzt ist unser Möbel ein richtiges deutsches Sofa! Polizisten kommen, als wir die Couch heranrollen, halten sich aber dezent im Hintergrund. Als sie merken, daß es eine harmlose Fotoaktion ist, drehen sie uns den Rücken zu.


Info:
Den Abschluß der Straße Unter den Linden bildet am Pariser Platz das Brandenburger Tor (1788-91, C. G. Langhans), nach Motiven der Propyläen in Athen, mit einer sechs Meter hohen Quadriga mit der Siegesgöttin Viktoria (1789-94, G. Schadow). Nach der Niederlage gegen Frankreich wurde die Quadriga 1806 auf Befehl Napoleons nach Paris gebracht. Nach den Freiheitskriegen kam sie nach Berlin zurück und wurde unter großem Jubel der Berliner an ihren alten Platz wieder aufgestellt. Die seitlichen Säulenhallen wurden 1868 von Strack angebaut. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Tor schwere Schäden. Nach Renovierungsarbeiten wurde die neue Quadriga 1958 wieder aufgestellt.