Aktionskunst: Deutsch-Deutsches Sofa
Karl Marx Monument
Sachsen
19. Oktober 1991
Bei starkem kalten Wind tragen wir das Sofa die Treppen hinauf und arrangieren es vor dem unbewegt
dreinblickenden Marx. Als ich die Fahnen mit Mühe gegen den heftigen Wind auflege, fühle
ich mich wie ein Veteran bei der Kranzniederlegung auf dem Friedhof der Geschichte.
Das einzig Ermunternde an dieser Szene ist ein Kind, der dreijährige Karli, Sohn unseres
Hermsdorfer Künstlerkollegen. Wir setzen ihn zwischen die wehenden Flaggen.
Karli vor seinem großen berühmten und mittlerweile so verschmähten Namensvetter.
Die wenigen Vorbeieilenden schauen kaum her, wohl schon wegen des unfreundlichen Wetters.
Nur eine Frau mit Kinderwagen verharrt länger. Später, am Abend, als wir mit Freunden
zusammensitzen, sagt ein Ehepaar, das gleich 1989 mit dem ganzen Strom nach Westdeutschland
stürmte, diese Aktion hätte uns zu DDR-Zeiten wohl mehr als nur zwei Jahre Bautzen gekostet.
Info:
Mittelpunkt des neuen Stadtzentrums ist der Karl-Marx-Platz mit dem eindrucksvollen Karl-Marx-Monument
(1971, Lew Kerbel), das 12,40 m hoch emporragt. Im Hintergrund hebt sich am Gebäude eine
Schriftwand aus Aluminiumguß ab mit dem letzten Satz des Kommunistischen Manifestes:
Proletarier aller Länder vereinigt Euch!