Aktionskunst: Deutsch-Deutsches Sofa


Klosterruine Paulinzella, Thüringen, 09. Mai 1997

Klosterruine Paulinzella
Thüringen
09. Mai 1997

Bei dieser abendlichen Caspar-David-Friedrich-Stimmung hier vor den erhabenen Säulen der ehemaligen Abtei Paulinzella wären vielleicht die Künstler der Romantik gerne dabei gewesen. Ich schaue, ob wirklich einer hinter den Säulen auftaucht, doch es sind nur vereinzelte Besucher, die auch fotografieren wollen. Als sie das Sofa sehen und die BRD-Flagge, die über der DDR-Flagge weht, sagt einer hinter uns: „West schluckt Ost.”
Ich muß dabei tief durchatmen, wo doch hier alles so friedlich ist. Jetzt taucht eine Busreisegruppe auf, viele Zuschauer für diesen Theateraufzug. Die Reiseleiterin sagt gelassen: „So, jetzt lassen wir uns erst gar nicht beirren”, und beginnt mit ihren kunsthistorischen Erläuterungen zu diesem Gemäuer. Erst danach, als wir das Sofa wieder im Bus verstaut haben, will sie unbedingt Genaueres über unser deutsches Möbel wissen.


Info:
Der Ort Paulinzella verdankt seine Entstehung dem gleichnamigen Benediktiner-Doppelkloster, das hier zwischen 1102 und 1105 von Paulina, der Tochter des Truchseß Moricho, eines Beamten über Küche und Tafel am Hofe Heinrichs IV., gegründet wurde.
1788 formte Friedrich Schiller unter dem Eindruck der imposanten Ruine die Worte: „Nichts ist bleibend, alles eilt von hinnen”. Goethe beging hier in aller Stille seinen 68. Geburtstag.